Wettbewerbsrechtliche AbmahnungDie wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist das zentrale Instrument zur außergerichtlichen Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen bei wettbewerbswidrigem Verhalten. Sie dient dazu, Streitigkeiten schnell und effizient zu klären, ohne dass eine gerichtliche Auseinandersetzung notwendig wird. Die Unterlassungserklärung ist die rechtliche Konsequenz der Abmahnung. Mit ihr verpflichtet sich der Abgemahnte, das beanstandete Verhalten nicht zu wiederholen – oft unter Androhung einer Vertragsstrafe für den Wiederholungsfall. Ein falscher Umgang mit einer Abmahnung kann gravierende finanzielle und rechtliche Folgen haben, daher ist eine fundierte rechtliche Prüfung und Strategie entscheidend.
1. Rechtsgrundlagen der wettbewerbsrechtlichen Abmahnunga) Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)Das UWG schützt Mitbewerber, Verbraucher und die Allgemeinheit vor unlauteren Geschäftspraktiken. Wichtige Vorschriften: - § 3 UWG: Generalklausel – Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen
- § 3a UWG: Rechtsbruch – Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften sind wettbewerbswidrig
- § 5 UWG: Irreführende geschäftliche Handlungen sind verboten
- § 5a UWG: Irreführung durch Unterlassen
- § 8 UWG: Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung (Grundlage der Abmahnung)
▶ Beispiel: Ein Online-Shop wirbt mit „kostenlosem Versand“, verlangt aber versteckte Gebühren – dies kann eine Abmahnung wegen irreführender Werbung (§ 5 UWG) nach sich ziehen.
2. Voraussetzungen einer wirksamen AbmahnungDamit eine Abmahnung rechtlich wirksam ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: ✅ Anspruchsberechtigter - Mitbewerber (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG)
- Verbände und Wettbewerbsvereine (z. B. Verbraucherzentrale, Wettbewerbszentrale)
- Kammern und Behörden (z. B. IHK, HWK)
✅ Wettbewerbsverstoß - Unlauterer Wettbewerb muss nachgewiesen werden.
- Beispiel: Unzulässige vergleichende Werbung, fehlende Pflichtangaben, Greenwashing, Schleichwerbung etc.
✅ Ernsthaftigkeit der Abmahnung - Die Abmahnung darf nicht rechtsmissbräuchlich sein.
- Beispiel: Serienabmahnungen ohne eigenes wirtschaftliches Interesse sind unzulässig.
✅ Abmahnung muss konkrete Verstöße benennen - Beispiel: „Ihr Unternehmen hat auf Ihrer Website eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet.“
✅ Setzung einer angemessenen Frist - Typischerweise 7–14 Tage, in dringenden Fällen kürzer.
3. Inhalte einer wettbewerbsrechtlichen AbmahnungEine Abmahnung besteht in der Regel aus den folgenden Bestandteilen: - Darstellung des Sachverhalts
- Beschreibung des vermeintlichen Verstoßes
- Beispiele: „Ihr Unternehmen hat in der Werbung eine irreführende Angabe gemacht.“
- Rechtsgrundlage
- Verweis auf verletzte Normen (z. B. § 5 UWG)
- Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung
- Setzung einer Frist zur Reaktion
- Androhung gerichtlicher Schritte bei Nichtabgabe der Unterlassungserklärung
- Forderung der Erstattung von Abmahnkosten
- Kosten nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)
- Beispiel: Streitwert 50.000 € → Anwaltskosten ca. 1.800 €
▶ Beispiel einer Abmahnung: Ein Unternehmen verschickt eine Abmahnung an einen Mitbewerber wegen unzulässiger Werbeaussagen zu einem Nahrungsergänzungsmittel („hilft garantiert gegen Erkältungen“). Die Abmahnung fordert eine Unterlassungserklärung und Erstattung der Abmahnkosten.
4. Unterlassungserklärung: Was sie bedeutet und warum sie gefährlich sein kannDie Unterlassungserklärung ist eine schriftliche Verpflichtung, das beanstandete Verhalten nicht mehr zu wiederholen. Sie enthält meist: - Konkretes Unterlassungsversprechen
- Vertragsstrafe für den Wiederholungsfall (meist 5.000–10.000 €)
- Geltung für die Zukunft (30 Jahre!)
▶ Gefahren einer voreiligen Unterlassungserklärung: - Vertragsstrafenfalle
- Ein minimaler Verstoß kann zu hohen Zahlungen führen.
- Unerwünschte Bindung für 30 Jahre
- Auch wenn sich das Recht ändert, bleibt die Erklärung gültig.
- Erweiterte Wirkung
- Die Erklärung kann sich auch auf andere Werbeformen auswirken.
▶ Beispiel: Ein Händler gibt eine Unterlassungserklärung ab, dass er keine irreführende Werbung zu Versandkosten macht. Später wird eine ähnliche Formulierung in einem Social-Media-Post verwendet – eine Vertragsstrafe von 10.000 € wird fällig.
5. Reaktionsmöglichkeiten auf eine AbmahnungEin Abgemahnter hat mehrere Optionen: a) Unterlassungserklärung unverändert abgeben✅ Vorteil: Schnell erledigt ❌ Nachteil: Hohe Risiken durch Vertragsstrafe b) Modifizierte Unterlassungserklärung abgeben✅ Vorteil: Weniger Risiken durch angepasste Formulierungen ❌ Nachteil: Abmahner kann sie ablehnen und klagen c) Abmahnung zurückweisen✅ Vorteil: Kein Schuldeingeständnis ❌ Nachteil: Risiko einer einstweiligen Verfügung oder Klage d) Vergleichsverhandlungen führen✅ Vorteil: Geringere Vertragsstrafen oder kürzere Laufzeit ❌ Nachteil: Möglicherweise nicht akzeptabel für Abmahner ▶ Strategieempfehlung: Eine modifizierte Unterlassungserklärung mit reduzierter Vertragsstrafe ist oft die beste Lösung.
6. Gerichtsverfahren nach einer AbmahnungWenn keine Einigung erzielt wird, kann der Abmahner gerichtliche Schritte einleiten: a) Einstweilige Verfügung- Schnelles Verfahren (innerhalb weniger Tage)
- Unterlassungsanspruch kann ohne mündliche Verhandlung durchgesetzt werden
- Rechtsmittel: Widerspruch, Berufung zum OLG
Rechtsprechung: - BGH, Urteil vom 17.12.2015 – I ZR 219/13 („Unzulässige TÜV-Werbung“)
- Einstweilige Verfügung gegen irreführende Werbung mit TÜV-Siegel erlassen.
b) Hauptsacheverfahren (Unterlassungsklage)- Langwieriges Verfahren (6–18 Monate)
- Hohe Verfahrenskosten
- Rechtsmittel: Berufung, Revision zum BGH
▶ Beispiel: Ein Online-Shop wird zur Zahlung von 15.000 € Schadensersatz verurteilt, weil er wettbewerbswidrige Werbung trotz Abmahnung nicht stoppte.
7. Aufgaben eines Werberechtlers in Abmahnverfahren✅ Prüfung der Berechtigung der Abmahnung ✅ Erstellung einer modifizierten Unterlassungserklärung ✅ Verteidigung gegen überzogene Abmahnkosten ✅ Vertretung im Verfahren bei einstweiliger Verfügung oder Klage
Wettbewerbsrechtliche AbmahnungDie wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist ein mächtiges Instrument, das richtig gehandhabt werden muss. Falsche Reaktionen können kostspielig sein. Unternehmen sollten niemals vorschnell eine Unterlassungserklärung unterschreiben, sondern sich rechtlich beraten lassen. Werberechtler helfen, die beste Strategie zu wählen und teure Fehler zu vermeiden. Abmahnungen müssen den konkreten Wettbewerbsverstoss enthalten, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung fristgebunden fordern und im übrigen gerichtliche Schritte androhen: Sehr geehrte Damen und Herren, wir zeigen Ihnen an, dass uns die ..., mit der Wahrnehmung ihrer Interessen gegenüber Ihrem Unternehmen beauftragt hat. Unsere Mandantin ist auf Ihre Werbung in Ihrem Markt unlängst aufmerksam geworden: ... 1. Sie schreiben dort unter der besonders hervorgehobenen Plakatierung: ... Darunter haben Sie neben Werbebeilagen diverser Wettbewerber auch die Werbebeilage unserer Mandantschaft „angepinnt“. 2. Durch Ihre Werbung verletzten Sie nicht nur die Rechte unserer Mandantin, die mit Ihnen im Wettbewerbsverhältnis steht, aus den §§ 1, 2, 3 UWG, sondern verstoßen zusätzlich in besonders gravierender Weise gegen das Rabattgesetz und im Übrigen missbrauchen Sie den guten Namen unserer Mandantschaft, der als deutsche Marke geschützt ist. Durch Ihre Werbung erwecken Sie beim angesprochenen Publikum den Eindruck, quasi immer günstiger anbieten zu können und das für sämtliche erhältliche Artikel gelte, was tatsächlich nicht der Fall ist. Somit ist Ihre Werbung irreführend. Zudem liegt ein Fall ganz bewusster und offenkundiger werblicher Anlehnung und Rufausbeutung vor. Sie lehnen sich durch Ihre Werbung in unzulässiger Weise an die hohe Bekanntheit und den ausgezeichneten Ruf unserer Mandantin an, um Ihre Wettbewerbsprodukte zu bewerben, mit der unsere Mandantin ihren Namen so nicht ohne ihre vorherige Zustimmung verbunden wissen will. Des Weiteren ist auch unter dem Gesichtspunkt der vergleichenden Werbung nach § 2 UWG Ihre Werbung unzulässig. Zwar mag nach Umsetzung der Richtlinie zur vergleichenden Werbung im Grundsatz dieselbe zulässig sein. Dies gilt jedoch nur dann, wenn sämtliche Kriterien nach § 2 UWG erfüllt sind. Bei einer Irreführung kann dies schon vom Ansatz nicht der Fall sein. Zudem erfüllen Sie aber auch die übrigen Kriterien mit Ihrer Werbung nicht. Ihre Werbung geht weit über das sachliche Maß hinaus. Der Verstoß gegen das Rabattgesetz in Ihrer Ankündigung ergibt sich des Weiteren daraus, dass Sie für den Fall anderweitiger preisgünstiger Waren Ihren Normalpreis zu Zwecken des Wettbewerbs herabsetzen und damit einen Preisnachlass ankündigen bzw. gewähren, der gerade durch das Rabattgesetz untersagt wird.
Aufgrund Ihrer rechtswidrigen und wettbewerbswidrigen Verhaltensweise sind Sie unserer Mandantin zur Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatzleistung verpflichtet. Namens und im Auftrag unserer Mandantin haben wir Sie aufzufordern, gegenüber unserer Mandantin und zu unseren Händen im Namen Ihres Unternehmens die als Anlage beigefügte Erklärung abzugeben. Selbstverständlich haben Sie Ihre Werbung s o f o r t zu unterlassen. Ein weitergehender Schadensersatz wird hier vorbehalten. Für den Eingang der Unterlassungserklärung in unserem Büro in Hannover haben wir uns den 01.12.2000, 14.00 Uhr notiert. Sollte diese Erklärung nicht oder nicht in gehöriger Form vollständig und fristgemäß bei uns eingehen, werden wir unserer Mandantin empfehlen, umgehend gerichtliche Schritte gegen Sie einzuleiten. Der guten Ordnung halber weisen wir Sie darauf hin, dass nur eine mit einem Vertragsstrafeversprechen angemessen gesicherte Erklärung die Vermutung für das Vorliegen der Gefahr einer Fortsetzung oder Wiederholung der rechtswidrigen Praxis ausräumt. Weder genügt die sowieso erforderliche tatsächliche Einstellung Ihrer Werbung noch die Abgabe einer ungesicherten Erklärung, um das Rechtschutzbedürfnis unserer Mandantin zu befriedigen. Da Wettbewerbsangelegenheiten ihrer Natur nach besonders eilbedürftig sind (vgl. § 25 UWG) und Ihnen die Sach- und Rechtslage bekannt ist, kommt eine Fristverlängerung von vornherein nicht in Betracht. Die gesonderte Geltendmachung von Auskunfts- und Schadensersatzansprüchen bleibt vorbehalten. Mit freundlichen Grüßen
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